Correspondence with Marie Steiner
1901–1925
GA 262
Translated by Steiner Online Library
106
To Marie von Sivers in Munich
Thursday, March 7, 1912, from Berlin
M. l. M. Telegrams and letters have arrived; I was not entirely happy with yesterday's telegram, because it reports a new swelling, which I actually don't quite understand. So far, I plan to arrive in Munich on Tuesday morning and arrange for our transfer to Berlin on Wednesday evening. And it will certainly be best if we can do it that way. Unfortunately, I didn't have time to write the planned letter to Mrs. Besant during these days in Berlin 9in response to her letters dated January 4 and 25, 1912, from India. The letter was not written until March 30.. I wanted to send it to you to translate. Hopefully I can do it in the next few days. It is very necessary. Because if something doesn't “happen”, even if it's just a rare clarification in a letter, we won't be able to get out of the turning shop around a point that isn't one. Everywhere I look, I see nothing but the purest talk-twisting with every inclination to degenerate into personal bickering.
Yesterday we had F.M. here for Günther Wagner's birthday.10 he turned 70 on March 6. It was a strange affair, the like of which we have never seen before. Wagner's Italian daughter 11Gretchen Boggiani (born 1877), member of the Italian section of the T.G. and Mrs. Knoch 12Ida Knoch, née Wagner (1871-1946), member in Hannover since March 1906. were also present. Regarding the former, I told both Wagner and the daughter herself that admission to this festival does not in any way oblige us to admit her to our F.M. gatherings in the future.
As for the Vollrath woman, there was no possibility of considering the case further. I have always emphasized that all members registered in the T.G. are admitted to branch meetings at which I speak. The Vollrath woman is a member: 13However, she had been removed from the section's lists in 1910, which Rudolf Steiner apparently did not know. So she could not be turned away. Of course, she can always attend lodge meetings in all places where I do not speak. That goes without saying. I therefore had the Vollrath woman write to me in response to a request she made by letter through the pneumatic tube: because it has become a principle not to turn away members when I speak in a lodge, we cannot turn her away. To mistake such a formulation for an invitation rather than a rejection is entirely in keeping with the recipient. But the Vollrath woman came. So there was nothing to be done. But I also think it's good that we are behaving this way. M. |. M., we really have enough on our hands with the Vollrath case. I don't see why we should be made to look even slightly unjust. At first, Mrs. Wolfram found Mrs. Vollrath to be an excellent member, just like Mr. Müller.14Curt Richard Müller, a member in Leipzig since May 1911, submitted a request in December 1911 to readmit Hugo Vollrath, who left the section in 1912. Then she called her a “noodle”. That may all be. But there is also a lot more. And we have no reason to be reviled as the T.G.'s lackeys. I am quite clear that if I also explain the nonsense in the “Müller case” and many other things connected with it, you will no longer say that I have given in to the demands of the Vollrath woman, but you will realize that it is stronger not to break a principle in such a case (you don't have to be a stickler for principles) than to form a special judgment for a course of action in every single case.
Now I can't write any more; I have to pack, because I have to leave for Mannheim today, Thursday, at 10 a.m., because the public lecture is there tomorrow. So I have to have the not at all easy pastor 15Paul Klein (1871-1957), member since May 1910, chairman of the Mannheim branch founded in February 1908. See “Contributions to the Rudolf Steiner Complete Edition”, No. 120. for the whole day.
Kind regards, Rdlf.
106
An Marie von Sivers in München
Donnerstag, 7. März 1912, aus Berlin
M. l. M. Telegramme und Brief sind angekommen; das gestrige Telegramm war mir gar nicht ganz recht, denn es meldet von einer neuerlichen Anschwellung, die mir eigentlich nicht recht begreiflich ist. Bis jetzt habe ich vor, Dienstag vormittag in München einzutreffen und unsere Überführung nach Berlin am Mittwoch abends zu bewirken. Und sicher wird es das beste sein, wenn wir die Sache so machen können. Es blieb mir nun doch leider nicht die Zeit, in diesen Tagen in Berlin den projektierten Brief an Mrs. Besant 9Als Antwort auf deren Briefe vom 4. und 25. Januar 1912 aus Indien. Der Brief kam aber erst am 30. März zustande. zu fabrizieren, den ich Dir zur Übersetzung habe schicken wollen. Hoffentlich kann ich ihn in den nächsten Tagen machen. Notwendig ist es schon sehr. Denn wenn nicht irgend «etwas geschieht», und wäre es auch rar die Klarstellung durch einen Brief, so kommen wir aus der Dreherei um einen Punkt, der noch dazu keiner ist, nicht hinaus. Ich kann überall nichts sehen als die reinste Rede-Dreherei mit aller Anlage zur Ausartung der Sache in persönliche Balgereien.
Gestern hatten wir hier F.M. zu Günther Wagners Geburtstag.10er war am 6. März 70 Jahre alt geworden. Es wurde eine merkwürdige Sache, wie wir sie noch nie hatten. Wagners italienische Tochter 11Gretchen Boggiani (geb. 1877), Mitglied in der italienischen Sektion der T.G. und Frau Knoch 12Ida Knoch, geb. Wagner (1871-1946), Mitglied seit März 1906 in Hannover. waren auch dabei. Bezüglich der erstern sagte ich sowohl Wagner wie der Tochter selbst, dass die Zulassung zu diesem Feste auf keinen Fall verbindlich macht zu weitern Zulassungen zu unsern F.M. Versammlungen.
Bezüglich der Vollrath-Frau gab es gar keine Möglichkeit, sich den Fall weiter zu überlegen. Ich habe stets scharf betont, dass zu Zweigversammlungen, an denen ich spreche, alle in die T.G. eingeschriebenen Mitglieder zugelassen werden. Vollrath-Frau ist Mitglied: 13Sie war aber 1910 aus den Listen der Sektion gestrichen worden, was Rudolf Steiner anscheinend nicht wusste. also konnte sie nicht abgewiesen werden. Sie kann es natürlich stets bei Logenversammlungen an allen Orten, in denen ich nicht spreche. Das ist wieder ganz selbstverständlich. Ich ließ deshalb der Vollrath-Frau auf eine Anfrage, die sie per Rohrpostbrief getan hat, schreiben: aus dem Grunde, weil es einmal Prinzip geworden ist, keine Mitglieder abzuweisen, wenn ich in einer Loge spreche, können wir sie nicht abweisen. Eine solche Formulierung für eine Einladung und nicht für eine Abweisung zu halten, steht ganz im Takte des Empfängers. Die Vollrath-Frau aber - kam. So war also nichts zu machen. Dass wir uns so verhalten, halte ich aber nebenbei auch noch für gut. M. |. M., wir haben wahrhaftig schon genug mit dem einen Fall Vollrath. Ich sehe gar nicht ein, warum wir auf uns auch nur den Schein des Unrechts haften machen sollen. Frau Wolfram fand zuerst die Vollrath-Frau als ein treffliches Mitglied, gerade so wie den Müller.14Curt Richard Müller, Mitglied in Leipzig seit Mai 1911, stellte im Dezember 1911 einen Antrag auf Wiederaufnahme von Hugo Vollrath, 1912 aus der Sektion ausgetreten. Dann nannte sie sie «Nudel». Das mag alles sein. Aber es ist auch noch manches andre. Und wir haben keinen Grund, uns just als die Hausknechte der T.G. verschreien zu lassen. Ich bin mir ganz klar, wenn ich Dir auch noch den Unfug im «Fall Müller» auseinandersetze und manches andre, was damit zusammenhängt, Du nicht mehr sagen wirst, ich sei schwach geworden der Anforderung der Vollrath-Frau gegenüber, sondern einsehen wirst, dass es stärker ist, ein Prinzip in einem solchen Fall (man braucht dabei kein Prinzipienreiter zu sein) nicht zu durchbrechen, als in jedem einzelnen Fall, sich ein besondres Urteil zu bilden für eine Handlungsweise.
Nun kann ich nicht weiter schreiben; ich muss packen, heute Donnerstag 10 Uhr muss ich nach Mannheim abfahren, da dort morgen der öffentliche Vortrag ist. So muss ich denn den ganzen Tag den gar nicht leichten Pfarrer 15Paul Klein (1871-1957), Mitglied seit Mai 1910, Vorsitzender des im Februar 1908 gegründeten Mannheimer Zweiges. Siehe «Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe», Nr. 120. haben.
Allerherzlichst Rdlf.