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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

On the History and Content of the First Section of the Esoteric School
1904–1914
GA 264

Translated by Steiner Online Library

To Günther Wagner in Lugano

Berlin, September 14, 1904

Dear Mr. Wagner!

It is undoubtedly true that Annie Besant's lecture “Is Theosophy Antichristian” could not be understood in the same way in Germany as in England, because in the last few decades the discussion of fundamental Christian questions in England has taken on a completely different character in the circles of theologians and those of their spiritually dependent preachers etc. than in England.

From our spiritual leaders, we constantly receive instructions to individualize with regard to the individual countries. As for our Christian propaganda in particular, it should not fly the flag of “Theosophy”. It should emanate from Theosophists, but should never say so directly. Christian mysticism, interpretation of Christian symbols, etc. should be pursued. It will certainly be our task to win preachers, even Catholic priests, for esoteric Christianity. It will then be up to them to let the esoteric flow into their teachings. We ourselves would only be opposed if we wanted to approach Christian circles directly.

In Germany, a debate about whether Theosophy is anti-Christian or not would only create new opposition to Theosophy. There is a great aversion to everything called Theosophy, especially among pastors. And it is growing rapidly. When Bresch translates the things, there is nothing we can do. Because he always makes a very specific opposition. For example, he has now objected to Annie Besant coming to Leipzig. There is nothing we can do about that; we have to let Bresch have his way. But it is up to us to do the right thing.

You see, dear Mr. Wagner, on the one hand we are to decidedly emphasize 'Theosophy and on the other hand, where this is not appropriate, we are to place the matter higher than the name and the form. We are being told: “Be Theosophists; how you are Theosophists, that you must determine yourselves.”

In my last letter I said I would “abstain from voting”. The reason for this expression was as follows. I have instructions to cultivate the Christian element, and in this particular case I could only interpret what was meant to me as meaning that the lecture should not be translated. But now my own intellectual work begins, and there I found exactly the same reason that you give. Now that you have stated it yourself, I can also say that it applies to me as well. Before that I could only say, “I cannot be in favor of it.” I am sure you will understand me. Tomorrow I will receive Mrs. Besant in Hamburg. On Friday she will be in Berlin.

Sincerely,

Dr. Rudolf Steiner

Kind regards to your esteemed wife.

An Günther Wagner in Lugano

Berlin, 14. September 1904

Lieber Herr Wagner!

Es ist a zweifellos richtig, daß der Vortrag Annie Besants «Is Theosophy antichristian» in Deutschland nicht in gleichem Sinne verstanden werden könnte wie in England, weil bei uns die Diskussion der christlichen Grundfragen in den letzten Jahrzehnten in den Kreisen der Theologen und denen der von ihnen geistig abhängigen Prediger etc. einen ganz anderen Charakter angenommen hat als in England.

Von Seite unserer geistigen Führer geht uns fortwährend die Weisung zu, mit Rücksicht auf die einzelnen Länder zu individualisieren. Was nun insbesondere die christliche Propaganda durch uns betrifft, so soll sie so sein, daß sie nicht unter der Flagge «Theosophie» geht. Sie soll von Theosophen ausgehen, aber nirgend das direkt sagen. Christliche Mystik, Interpretation der christlichen Symbole usw. soll betrieben werden. Es wird unsere Aufgabe gewiß sein, Prediger, sogar katholische Priester für das esoterische Christentum zu gewinnen. An diesen wird es dann sein, die Esoterik einströmen zu lassen in ihre Lehren. Uns selbst würde man doch nur Opposition machen, wenn wir direkt an die christlichen Kreise herantreten wollten.

In Deutschland würde eine Auseinandersetzung darüber, ob Theosophie antichristlich sei oder nicht, nur neue Opposition gegen die Theosophie erwecken. Es ist eine große Abneigung gegen alles, was Theosophie heißt, insbesondere in Pastorenkreisen. Und sie wächst augenblicklich. Wenn Bresch die Dinge übersetzt, so können wir nichts machen. Denn er macht ja immer eine ganz bestimmte Opposition. Er hat sich zum Beispiel jetzt dagegen verwahrt, daß Annie Besant nach Leipzig komme. Da können wir gar nichts machen; wir müssen Bresch gewähren lassen. Es kommt aber darauf an, daß wir selbst suchen, das Richtige zu tun.

Sehen Sie, lieber Herr Wagner, wir sollen auf der einen Seite entschieden die 'Theosophie betonen und auf der anderen Seite, da, wo dies nicht angeht, die Sache höher stellen als den Namen und die Form. Es wird uns bedeutet: «Seid Theosophen; wie Ihr es seid, das müßt Ihr selbst bestimmen.»

Ich sagte in meinem vorigen Briefe, ich «möchte mich der Abstimmung enthalten». Der Grund für diesen Ausdruck war folgender. Ich habe die Weisung, das christliche Element zu pflegen, und in dem besonderen Falle konnte ich, was mir bedeutet wurde, nur so interpretieren, daß der Vortrag nicht übersetzt werden soll. Nun beginnt aber erst die eigene Verstandesarbeit, und da fand ich genau den Grund, den auch Sie angeben. Nachdem Sie ihn selbst aussprechen, kann ich auch sagen, daß er auch für mich gilt. Vorher konnte ich nur sagen: ich kann nicht dafür sein. Ich bin sicher, daß Sie mich verstehen werden. Morgen werde ich Mrs. Besant empfangen - in Hamburg -. Freitag wird sie dann in Berlin sein.

Herzlichst ganz Ihr

Dr. Rudolf Steiner

Herzlichen Gruß an Ihre verehrte Frau