On the History and Content of the First Section of the Esoteric School
1904–1914
GA 264
Translated by Steiner Online Library
To Paula Stryczek in Hanover
Berlin W 30, Motzstrasse 17
December 31, 1905
Dear Miss Stryczek!
In the sad matter that has befallen us, let me say the following to you.1It was the death of Anna Wagner, † 30. 12. 1905, the wife of Günther Wagner.
When a person we love passes over to the other world, it is especially important that we send our thoughts and feelings to them without letting the idea arise that we want them back. The latter makes it more difficult for the deceased to exist in the sphere into which they have entered. It is not the suffering we have, but the love we give him, that we should send to his worlds. Do not misunderstand me. We should not become hard or indifferent. But it should be possible for us to look at the dead with the thought, “My love accompany you! You are surrounded by it.” According to my knowledge, such a feeling is a kind of wing-dress that carries the dead upwards; while the feelings of many mourners, such as, “Oh, if you were still with us,” become an obstacle to him. So that would be a general indication of how we have to adjust ourselves with our feelings in such a case.
In particular, I may now advise you the following. I will write down for you the thoughts that I am not yet able to express in quite good German; but they are based on ancient occult tradition in such cases. Three times a day, once of which should be immediately in the evening before going to sleep, you should become completely still within yourself, so that you take the thoughts themselves with you into the spiritual world. It is best to fall asleep with the thoughts:
My love be to the covers
That now surround you
Cooling all warmth,
Warming all cold
Sacrificially interwoven!
Live, dear-carried,
Light-bestowed upward!
It is important that you have the right feelings when you hear the words “warmth” and “coldness.” We are not talking about physical warmth and coldness, but rather emotional warmth and coldness, although it is not easy for a person in a physical body to imagine what these qualities mean for the discarnate. The latter must first realize that the astral substance still clinging to him is active, but without the use of physical tools. Much of what man strives for here on earth is given to him through his physical tools. Now these are not there. This lack of physical organs resembles – but only resembles – the feeling of burning thirst transferred to the soul. These are the strong 'sensations of heat' after disembodiment. And it is the same with our will, which longs to be active. It is accustomed to using physical organs and no longer has them. This “deprivation” is equivalent to a feeling of mental coldness. It is precisely these feelings that the living can help with. For these feelings are not merely the result of the individual's life, but are connected with the mysteries of incarnation. And it is therefore possible to help the disembodied person.
Now for something else I would ask of you. Let the above sentences be preceded by a few thoughts to our Mr. Wagner, along the following lines: “Your [the wife's] faithful love has surrounded you so far; it continues to surround you unchanged; it will sustain you as a power of the spirit, as it has illuminated you in visible presence so far.”
I wanted to write all this to you today. At the moment I have so much work to do on the physical plane that I cannot tell you anything specific, except for the general above, because physical work obscures spiritual experience. Of course, you are free to share my lines with anyone you think fit. I would like many hearts to turn to the dear personality.
Give the warmest greetings to the dear doctor and receive the same for yourself from your
Dr. Rudolf Steiner
An Paula Stryczek in Hannover
Berlin W 30, Motzstrasse 17
31. Dezember 1905
Liebes Fräulein Stryczek!
In der uns treffenden traurigen Sache lassen Sie mich Ihnen das Folgende sagen.1Es handelte sich um den Tod von Anna Wagner, † 30. 12. 1905, der Frau von Günther Wagner.
Es ist beim Übertritte eines uns lieben Menschen in die andern Welten ganz besonders wichtig, daß wir unsere Gedanken und Gefühle zu ihm senden, ohne daß wir die Vorstellung aufkommen lassen, als wollten wir ihn zurückhaben. Dies letztere erschwert dem Hingegangenen das Dasein in der Sphäre, in die er einzutreten hat. Nicht das Leid, das wir haben, sondern die Liebe, die wir ihm geben, sollen wir in seine Welten senden. Mißverstehen Sie mich nicht. Nicht etwa hart sollen wir werden oder gleichgültig. Aber es soll uns möglich sein, auf den Toten zu blicken mit dem Gedanken: «Meine Liebe begleite dich! Du bist von ihr umgeben.» Nach meinen Erkenntnissen ist ein solches Gefühl eine Art Flügelkleid, das den Toten aufwärts trägt; während die Gefühle vieler Leidtragender wie etwa: «Ach wärest du doch noch bei uns», ihm zum Hemmnis werden. Das wäre also ein allgemeiner Hinweis, wie wir uns in einem solchen Falle mit unseren Gefühlen einzurichten haben.
Im besonderen darf ich Ihnen nun das folgende raten. Ich schreibe Ihnen die Gedanken hin, die mir noch nicht in ganz guter deutscher Sprache eigen sind; doch beruhen sie auf alter okkulter Tradition in solchem Falle. Werden Sie ganz still in sich dreimal des Tages, wovon das eine Mal unmittelbar am Abend vor dem Einschlafen sein soll, so daß Sie die Gedanken selbst mit hinübernehmen in die geistige Welt. Am besten ist es, Sie schlafen mit den Gedanken ein:
Meine Liebe sei den Hüllen,
Die dich jetzt umgeben
Kühlend alle Wärme,
Wärmend alle Kälte
Opfernd einverwoben!
Lebe liebgetragen,
Licht beschenkt nach oben!
Es kommt darauf an, daß Sie bei den Worten «Wärme» und «Kälte» die richtigen Gefühle haben. Es sind nicht physische «Wärme» und «Kälte» gemeint, sondern etwas von Gefühlswärme und Gefühlskälte, obwohl der in physischer Hülle befindliche Mensch sich nicht ganz leicht eine Vorstellung von dem machen kann, was diese Eigenschaften für den Entkörperten bedeuten. Dieser muß nämlich zunächst gewahr werden, daß das noch an ihm befindliche Astrale wirksam ist, ohne daß es sich der physischen Werkzeuge bedienen kann. Vieles, wonach der Mensch hier auf Erden strebt, wird ihm durch die physischen Werkzeuge gegeben. Nun sind diese nicht da. Dieses Nichthaben der physischen Organe gleicht - aber eben gleicht nur -— dem Gefühle des brennenden Durstes ins Seelische übertragen. Das sind die starken «Hitzeempfindungen» nach der Entkörperung. Und ebenso ist es mit dem, wonach unser Wille verlangt, es zu tun. Er ist gewohnt, sich physischer Organe zu bedienen und hat sie nicht mehr. Diese «Entbehrung» kommt einem seelischen Kältegefühl gleich. Gerade diesen Gefühlen gegenüber können die Lebenden eingreifen helfend. Denn diese Gefühle sind nicht etwa bloß Ergebnisse des individuellen Lebens, sondern sie hängen zusammen mit den Mysterien der Inkarnation. Und es ist deshalb möglich, dem Entkörperten zu Hilfe zu kommen.
Nun noch etwas, worum ich Sie bitte. Lassen Sie den obigen Sätzen einige Gedanken an unseren Herrn Wagner vorangehen, etwa mit dem folgenden Inhalte: «Ihre [der Gattin] treue Liebe hat dich bisher umgeben; sie umgibt dich unverändert fort; sie halte dich als Kraft des Geistes, wie sie dich bisher in sichtbarer Gegenwart beleuchtet hat.»
Ich wollte Ihnen dieses schon heute alles schreiben. Es lastet auf mir augenblicklich so viele Arbeit auf dem physischen Plan, daß ich Ihnen außer dem obigen allgemeinen nichts besonderes noch sagen kann, denn die physische Arbeit umdüstert das spirituelle Erfahren. Selbstverständlich steht es Ihnen frei, meine Zeilen allen mitzuteilen, bei denen Sie selbst es für richtig halten. Ich möchte, daß viele Herzen sich auf die liebe Persönlichkeit richten.
Sagen Sie die herzlichsten Grüße dem lieben Doktor und empfangen Sie solche auch für sich von Ihrem
Dr. Rudolf Steiner