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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

On the History and Content of the First Section of the Esoteric School
1904–1914
GA 264

Translated by Steiner Online Library

To Eugenie von Bredow in Landin/Westhavelland

August 14, 1906

Dear Mrs. v. Bredow!

As sad as the news you gave me regarding our dear Mathilde Scholl is, it does not surprise me. However, it will not be possible to help her by doing something that she herself would have to be a part of. The situation is such that she is facing a test that cannot possibly be taken away from her. What you and I can do is strike the right note for her within ourselves. And the note that your letter to me just shows as yours is the right one. You will help her best by remaining strong in this very note. It would not be right to interpret Matilda's present state of mind as a “weakness”. At the occult level at which she lives, it is not a matter of her inner weakness, but rather of the strength of the attacks on her soul by certain powers. One gets the right point of view if one regards the form in which friendship expresses itself in her as a test. There can be no question of any “fault” on your part, dear woman. If you remain true to the path you have chosen, you will do the right thing for yourself and for Mathilde.

You must both have the firm point of your friendship in view of the spiritual ideal. I myself will write to Mathilde in a few days. Today would not be the right time. If she emerges victorious from this trial, then all the more strength will flow to her in the end.

During the time I was allowed to spend with you, I would have been of more use to you if I did not have some very important duties to attend to right now. But the main thing is that you have found a way to follow the path that is right for you in your difficult circumstances. In human development, a lot depends on such things. A secure soul is a powerful force for spiritual progress. You will not lose courage in the face of difficulties, even if unexpected ones arise. You are emotionally in tune with your environment. And even if you often think that your influence is not great enough there, you will gradually recognize that indirectly it is seeking the right paths and will ultimately find them.

Let the spiritual powers you have sought be with you as you maintain and develop the path you have been striving to follow for a while.

Kind regards

Yours

Dr. Rudolf Steiner
Berlin W, Motzstrasse 17

An Eugenie von Bredow in Landin/Westhavelland

Berlin W 30, 14. August 1906

Motzstrasse 17

Liebe Frau v. Bredow!

So traurig auch die Mitteilungen sind, welche Sie mir bezüglich unserer guten Mathilde Scholl machen: sie bieten mir nichts Überraschendes. Es wird aber auch jetzt nicht möglich sein, durch irgend etwas ihr zu helfen, woran sie sich selbst beteiligen müßte. Die Sache liegt durchaus so, daß sie vor einer Prüfung steht, die ihr unmöglich abgenommen werden kann. Was Sie und ich tun können, das ist, den rechten Ton in unserem eigenen Innern zu ihr anschlagen. Und der Ton, den als den Ihrigen Ihr mir eben geschriebener Brief zeigt, ist der richtige. Sie werden ihr am besten helfen, wenn Sie gerade in diesem Tone stark bleiben. Es wäre ja auch nicht gerade richtig, wenn man Mathildens jetzige Seelenverfassung als «Schwäche» auffassen wollte. Bei der okkulten Stufe, auf der sie lebt, handelt es sich dabei nicht um ihre innere Schwäche, sondern vielmehr um die Stärke der Angriffe, die von gewissen Mächten auf ihre Seele ausgeübt werden. Man bekommt den richtigen Gesichtspunkt, wenn man die Gestalt, in welcher sich bei ihr die Freundschaft äußert, eben als Prüfung ansieht. Von einer «Schuld» Ihrerseits, liebe Frau, kann nicht gesprochen werden. Wenn Sie der Richtung treu bleiben, die Sie eingeschlagen haben, werden Sie in bezug auf sich und auch auf Mathilde das Richtige treffen.

Sie müssen beide den festen Punkt Ihrer Freundschaft in dem Hinblicke auf das geistige Ideal haben. Ich selbst werde an Mathilde in einigen Tagen schreiben. Heute wäre es nicht an der richtigen Zeit. Wenn Sie aus dieser Prüfung siegreich hervorgeht, dann wird ihr zuletzt um so mehr Kraft zuströmen.

In der Zeit, die ich bei Ihnen zubringen durfte, wäre ich Ihnen mehr gewesen, wenn jetzt nicht gerade große Pflichten vor mir stünden, die erledigt werden müssen. Doch die Hauptsache ist, daß Sie die Möglichkeit gefunden haben, in Ihren schwierigen Verhältnissen die Ihnen angemessene Linie einzuhalten. Von solchen Dingen hängt in der menschlichen Entwickelung viel ab. Sicherheit der Seele ist eine mächtige Kraft für den geistigen Fortschritt. Sie werden den Mut in Schwierigkeiten nicht verlieren, auch wenn sich Ihnen ungeahnte ergeben sollten. Dem Gefühle nach stehen Sie ja auch richtig zu Ihrer Umgebung. Und wenn Ihnen auch oft dünkt, daß da Ihr Einfluß nicht groß genug ist, so werden Sie nach und nach erkennen, daß er mittelbar doch die richtigen Wege sucht und sie letzten Endes finden wird.

Lassen Sie die geistigen Mächte, die Sie gesucht haben, bei Ihnen dadurch sein, daß Sie beibehalten und ausbilden den Pfad, auf dem Sie seit einer Weile zu wandeln bestrebt sind.

Herzlichen Gruß

Ihr

Dr. Rudolf Steiner